The Project Gutenberg EBook of Romantische Lieder, by Hermann Hesse This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org Title: Romantische Lieder Author: Hermann Hesse Release Date: June 29, 2014 [EBook #46135] Language: German Character set encoding: ISO-8859-1 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK ROMANTISCHE LIEDER *** Produced by Jens Sadowski
Dresden und Leipzig.
E. Pierson’s Verlag.
1899.
Alle Rechte vorbehalten.
Maria und Frau Gertrud gewidmet.
— Seht, der Fremdling ist hier, der aus demselben Land
Sich verbannt fühlt wie ihr, traurige Stunden sind
Ihm geworden; es neigte
Früh der fröhliche Tag sich ihm.
Novalis.
Über meinen Kinderzeiten
War Dein Flügel ausgespannt,
Grüne Nähen! Goldne Weiten!
Und am letzten Himmelsufer
Schufest Du mein Heimwehland.
Über meinen Jünglingsjahren
War das Lenken Deiner Hand —
Edle Frau’n mit Lockenhaaren,
Kecke Tänze und Gefahren,
Denkernächte über Tag und Tod.
Und am Himmelsufer glühte rot
Jede Nacht mein Heimwehland.
Tänze und Gefahren sanken
In den dunklen Fluß der Zeit,
Ohne Nähen, ohne Schranken
Wölbt sich meine Einsamkeit.
Grün und Gold und Himmel schwand;
Über’m Ufer meiner kranken
Seele liegt mein Heimwehland.
Meine Arme sind gebreitet
Uferwärts. Die Sehnsucht weitet
Über Tod und Leben meinen Blick
Wartend knieen meine Lieder —
Kommst Du wieder? —
Wartend liegt auf Knieen mein Geschick.
Meines Heimwehlandes Tempel steh’n
Festbereit. Ich kann die Zinnen seh’n,
Kann von dorther einen Duft verspüren.
Wenn mein Auge nimmer sehen kann,
Herrin, wird der dunkle Fährmann dann
Mich nach Hause führen?
Liegt irgendwo ein wildes Meer
Und rauscht empor an steilen Ländern;
Dort treibt der Sturm ein Schiff umher
Mit roten Fahnen und bunten Bändern.
Und hat an Bord ein Königskind,
Das steht mit langem Haar im Wind
Und ringt die adlig weißen Hände.
Die Fahnen flattern stolz und rot,
Aber die Fahrt ist aus und das Fest zu Ende,
Und der Bräutigam tot.
Es segelt oft durch meinen Traum
Das Königsschiff; ich seh’ den Schaum
Den bänderbunten Bord ersteigen.
Die Fahnen flattern stolz und rot;
Gelehnt am Mastbaum steht der Tod
Und lacht und geigt den Hochzeitsreigen.
Altmodisch steht mit schmächtigen Pilastern
Wie sonst das Schloß. Auf violetten Astern
Irrt noch ein später Falter her und hin
Mit kranken Flügelschlagen,
Und welke Beete sagen,
Daß ich zu spät gekommen bin.
Und am Balkon in seidenen Gewändern,
Mit stolzen Augen in vertrübten Rändern,
Steht trüb und stolz die blasse Königin,
Und will die Hand erheben. —
Und kann mir nicht vergeben,
Daß ich zu spät gekommen bin.
Wir wollten zusammen bauen
Ein eigenes schönes Haus,
Hoch wie ein Schloß zu schauen
Mit dem Blick über Strom und Auen
Auf die stillen Wälder hinaus.
Wir wollten alles verlernen,
Was klein und häßlich war,
Wir wollten Nähen und Fernen
Mit Glücksliedern übersternen,
Die Kränze des Glückes im Haar.
Nun hab’ ich ein Schloß erbauet
In verstiegener Höhenruh;
Meine Sehnsucht steht dort und schauet
Sich müd, und der Tag vergrauet, —
Prinzessin, wo bliebest Du?
Nun gebe ich allen Winden
Meine heißen Lieder mit.
Sie sollen Dich suchen und finden
Und sollen das Leid Dir künden,
Das mein Herz um Dich erlitt.
Sie sollen Dir auch erzählen,
Ein lockend unendliches Glück,
Sie sollen Dich küssen und quälen
Und sollen den Schlummer Dir stehlen —
Prinzessin, wann kommst Du zurück?
Schütte wieder ohne Wahl
Über mich die bleichen, großen
Lilien Deiner Wiegenlieder,
Deiner Walzer rote Rosen.
Flicht darein den schweren Hauch
Deiner Liebe, die im Welken
Duft verstreut, und Deines Stolzes
Schaukelschlanke Feuernelken.
Ein kerzenheller Saal
Und Sporengeläut und Tressengold.
In meinen Adern klingt das Blut.
Mein Mädchen, gieb mir den Pokal!
Und nun zum Tanz! Der Walzer tollt;
Erhitzt vom Wein mein Brausemut
Nach aller ungenossnen Lust begehrt —
Vor den Fenstern wiehert mein Pferd.
Und vor den Fenstern hüllt die Nacht
Das dunkle Feld. Es trägt der Wind
Von fern Kanonendonner her.
Noch eine Stunde bis zur Schlacht!
— Tanz’ rascher, Schatz; die Zeit verrinnt,
Es wiegt der Sturm die Binsen hin und her,
Die nächste Nacht mein Bette sind —
Mein Totenbett vielleicht. — Juchhe, Musik!
In durstigen Zügen trinkt mein heißer Blick
Das junge, schöne, rote Leben ein,
Und trinkt sich nimmer satt an seinem Licht.
Noch einen Tanz!
Wie bald! und Kerzenschein
Und Klang und Lust verlischt; der Mondschein flicht
Schwermütig seinen Kranz in Tod und Graus.
— Juchhe, Musik! Vom Tanz erbebt das Haus,
Erregt am Pfeiler klirrt mein hängend Schwert. —
Vor den Fenstern wiehert mein Pferd.
Sing mir Dein liebes Wiegenlied!
Seit meine Jugend von mir schied,
Mag ich so gern die Weise hören.
Komm’ zu mir, süßer Wunderklang,
Nur Du kannst noch die Nacht entlang
Mein ruheloses Herz bethören.
Leg’ mir auf’s Haar die schmale Hand
Und laß von unsrem Heimatland,
Von totem Ruhm und Glück uns träumen.
Gleich einem Stern, der einsam zieht,
Soll flackerhell Dein Märchenlied
Die Nächte meiner Schwermut säumen.
Und stelle mir zu Häupten doch
Den Rosenstrauß! Er duftet noch
Und träumt sich heimwärts wehbeklommen.
Ich bin ja auch so welk und schwank,
Gebrochen und am Heimweh krank,
Und kann nicht mehr nach Hause kommen.
„Langweilig Schauspiel, nimm’ ein End!
„Ein Andrer soll mein Sprüchlein sagen.
„Ich hab entschieden kein Talent,
„Den Dornenreif zu tragen.
„Für mein geflicktes Flitterkleid
„Gebt eines mir von warmer Wolle,
„Und ein reinliches Glück, ein würdiges Leid
„Statt meiner erbärmlichen Rolle!
Das Schicksal lacht: Du Narr, bleib hie
Und rassle mit den Messingsporen,
Sonst ginge die göttliche Ironie
Deiner tragischen Rolle verloren.
Ich hab Dir Märchen oft erzählt
Von meiner fremden Dichterwelt,
Nun führ’ mich Du an Deiner warmen Hand,
Den Flügelmüden, durch mein eig’nes Land!
Führ’ mich in meinen tiefen Wald,
Wo Wunderwesen mannigfalt
Lebendig wandeln mit bekränztem Haupt, —
Die Götter alle, die ich einst geglaubt!
Führ’ mich zu jenen Hügeln hin,
Wo schweigsam die Cypressen knie’n,
Dort liegen tief und lauschen auf den Wind
Die Freunde, die mir treu gewesen sind.
Führ’ mich in jener Gärten Grün,
Wo dunkle Wunderbäume blüh’n
Und über Grün und Wunderblüten schaut
Das Liebesschloß, das ich für Dich erbaut.
In roten Lichtern heimlich glimmt,
Die Krone, die ich Dir bestimmt.
Wenn noch Dein Herz an meine Allmacht glaubt,
Dann schmücke mit dem schweren Gold Dein Haupt!
Dann hebt mein Leben neuen Lauf,
Die treuen Toten stehen auf
Und meiner Freudegötter schöne Schaar,
Nun ist der Tag zu Ende.
Leg mir die lieben Hände
Auf Stirn und Haar
Und singe mir! und wende
Von mir der Träume laute Schaar!
Ich fürcht’ mich vor den langen,
Verschwiegenen, träumebangen
Stunden der Nacht,
Wenn Du bist schlafen gangen
Und nur mein weher Herzschlag wacht.
Dann geht auf dunklen Wegen
Mein Herz mit harten Schlägen
Der bangen Nacht,
Der bangen Nacht entgegen,
Die meine Lieder stille macht.
Dann kommt mit leisen Schritten
Und zagen Kinderbitten
Mein Glück zu mir,
Und sieht, was ich gelitten,
Und sagt: Mein Freund, was ward aus Dir?
Dann kommen die versäumten
Tage und die verschäumten
Becher zu mir,
Und alle ungeträumten
Glücksträume schlank und mädchenzier.
Leg mir die lieben Hände
Auf Stirn und Haar, und wende
Die Holden ab.
Mein Tag ist nun zu Ende,
Ich weiß, was ich verloren hab!
Eine junge Blutbuche stand
Ob meiner ersten Liebe,
Und als ich mein erstes Lied erfand,
Sah sie zu, was ich schriebe.
So wie die Blutbuche kann kein Baum
In Frühlingsprächten schwelgen,
Hat keiner so farbigen Sommertraum
Und so ein jähes Welken.
Eine junge Blutbuche steht
In allen meinen Träumen,
Ein vergangener Mai umweht
Meinen Liebling unter den Bäumen.
Rote Bänder!
Ihr mahnet mich
An Musik und weiße Gewänder,
An ein Fest, das lange verblich.
Rote Bänder! —
Mein Mädel stand
Gebeugt am Balkongeländer
Und lachte und gab mir die Hand.
Und gab mir zwei Bänder
Von Seide rot.
Ich schied und durchritt die Länder;
Als ich wiederkam, war sie tot.
Du hast ja Recht! Und bald wird Hochzeit sein.
Das Leben trat in Deinen Traum hinein
Und stieß der Mädchenliebe Tempel um.
Wird aber nie das tote Heiligtum —
Ein Gang am Teich, ein Lied, ein Mondenschein
In wahren Nächten Dir vor Augen sein?
Dann wirst Du weinen um den schönen Tand
Und wirst in Qual auf Deinem Lager knie’n,
Das Herz voll Heimweh nach dem Jugendland.
Mich aber knüpft, der ich ein Fremder bin,
An Deine Mädchenzeit ein helles Band
Und hängt sich schaukelnd zwischen Dich und Ihn.
Wer meine Freunde sind? —
Zugvögel, über’m Ozean verirrt,
Schiffbrüchige Schiffer, Herden ohne Hirt,
Die Nacht, der Traum, der heimatlose Wind.
Am Wege liegen hinter mir
Zerstörte Tempel, Liebesgärten
Verwildernd, schwül und sommerzier,
Und Frau’n mit welken Liebesgeberden,
Und Meere, die ich überfuhr.
Sie liegen stumm und ohne Spur;
Kennt keiner, was versunken liegt,
Die Königskronen, die Herrscherstunden,
Die Freundesstirnen epheuumwunden.
Sie liegen von meinen Liedern gewiegt
Und dämmern blaß in meine Nächte,
Wenn hastig meine schmale Rechte
Mit raschem Stift in meinem Leben wühlt.
Ich habe nie ein Ziel errungen,
Meine Faust hat nie einen Feind gezwungen,
Mein Herz hat nie ein volles Glück gefühlt.
Ich bin ein Stern am Firmament,
Der die Welt betrachtet, die Welt verachtet,
Und in der eig’nen Glut verbrennt.
Ich bin das Meer, das nächtens stürmt,
Das klagende Meer, das opferschwer
Zu alten Sünden neue türmt.
Ich bin von Eurer Welt verbannt
Vom Stolz erzogen, vom Stolz belogen,
Ich bin der König ohne Land.
Ich bin die stumme Leidenschaft,
Im Haus ohne Herd, im Krieg ohne Schwert,
Und krank an meiner eig’nen Kraft.
Schnee über meinem lieben Wald,
Graurot ein karger Abendschein —
Fernabwärts eine Büchse knallt —
So war mein Herz noch nie allein!
Nur einmal! Hier, am selben Platz!
Quer über’n Weiher glitt ein Kahn,
Und schweigend drin mein blonder Schatz
Geschmiegt an einen fremden Mann.
Der Himmel war so düsterfarb
Und ganz wie heut im Teich der Schein —
Ein Büchsenschuß fernabwärts starb —
So war mein Herz noch nie allein.
Im Teich ein trüber,
Grauroter Schein,
Ein brünstiger Hirschruf waldüber —
Und ich allein!
Zum Teich ist müde
Mein Haupt gesenkt,
An eine verwelkte Blüte
Mein Heimweh denkt.
Zum Teich ist müde
Mein Haupt gesenkt,
An eine verwelkte Blüte
Mein Heimweh denkt.
Längs dem Strom in blauen Hecken
Spielen, und im Teich, Verstecken
Sonnenlichter mit den matten,
Rötlichen Blutbuchenschatten.
In den stummen Säulengängen
Dunkle Abendfalter hängen,
Und ein Atmen hin und wieder
Ungebor’ner Königslieder.
Über breiten Marmorstiegen
Hundert ferne Jahre liegen,
Flüsternde Tapeten tragen
Hundert graue Zukunftssagen.
Über meine Seele schreiten
Kommende Vergangenheiten,
Ritterspiele, Königsworte,
Laute Feste, stumme Morde.
Bald — und unser Park wird trauern
Brütend über Moos und Mauern,
Und ein Wandrer wird mit Grauen
In die schwarzen Fenster schauen.
Und Chronisten werden sagen
Wunder, die sich zugetragen
In den sagenhaften Jahren,
Da wir noch am Leben waren.
Auf fernen Schwingen fliegt ein Ton,
Und einer noch — der letzte — rinnt
Ihm nach, und bebt, und ist entfloh’n. —
O daß ich weinen dürfte,
Wie um sein Spielzeug weint ein Kind!
Ich sitze noch — der Jubel gellt —
Und meine Sinne trinken lang
Die Luft noch einer fremden Welt,
Die meine Kindersehnsucht
Mit heißen Armen schon umschlang.
Die Luft von einer andern Welt,
Die nächtelang mit loher Brunst
Mein fiebernd Aug’ im Banne hält,
Das Land der Heimatlosen,
Das sonnenrote Reich der Kunst.
Die Nacht ist voll von reinen Sternen,
Die Ulmen reden mit den Birken,
Und überall in Nähen und Fernen
Des Sommers wunderbares Wirken.
Mein Herz greift in die schweren Fernen
Nach Heimwehschätzen und Harfenklängen,
Und schauert, und schaut hoch in den Sternen
Den Kranz zukünftiger Lieder hängen.
Mein Herz so groß! Meine Wangen brennen,
— Und morgen muß ich mit scheuen Mienen
Durch Märkte und schmutzige Gassen rennen,
Ein klein Stück Geld zu verdienen!
In einem welken Garten singt
Zum Brummbaß eine Violine,
Ein altes Paar im Takte springt
Und lächelt kühl mit müder Miene.
Und jeder weiß; der Andre denkt,
Wie anders doch vor zwanzig Jahren,
Wie heiß und Handinhandgedrängt
Dieselben alten Tänze waren.
Der Schäfer mit den Schafen
Zieht durch die stillen Gassen ein,
Die Häuser wollen schlafen
Und dämmern schon und nicken ein.
Ich bin in diesen Mauern
Der einzige fremde Mann zur Stund’,
Es trinkt mein Herz mit Trauern
Den Kelch der Sehnsucht bis zum Grund.
Wohin der Weg mich führet,
Hat überall ein Herd gebrannt;
Nur ich hab nie verspüret,
Was Heimat ist und Vaterland.
Eine Stunde hinter Mitternacht,
Wo nur der Wald und der späte Mond
Und keine einzige Menschenseele wacht,
Steht breit und groß ein weißes Schloß,
Nur von mir und meinen Träumen bewohnt.
Dort prunkt in Bildern Saal an Saal,
Und meine Träume sind zu Gast
Bei mir. Rundum geht der Pokal,
Und Liedergruß und Plauderfluß
Bringt erst der frühe Tag zur Rast.
Der pocht derbfäustig an die Wand
Und tritt herein, und schilt, und hält
Die Sonnenlampe in der Hand.
Und wie ein Licht im Wind zerbricht,
Zerstiebt mir meine Träumewelt.
Von allen Wänden fällt die Pracht,
Das strenge Leben gellt herein
Und ich muß dienen seiner Macht
Scheu und verzagt, in’s Joch geplagt,
— O Mitternacht, wie harr’ ich Dein!
Weil ich Dich liebe, bin ich des Nachts
So wild und flüsternd zu Dir gekommen,
Und daß Du mich nimmer vergessen kannst,
Hab’ ich Deine Seele mit mir genommen.
Sie ist nun bei mir und gehört mir ganz
Im Guten und auch im Bösen;
Von meiner wilden, brennenden Liebe
Kann Dich kein Engel erlösen.
So oft ich spät noch auf der Straße geh,
Senk’ ich den Blick und eile voller Angst,
Du könntest plötzlich schweigend vor mir stehn
Und meine Blicke müßten all Dein Weh
Und müßten sehn,
Wie Du von mir Dein totes Glück verlangst.
Ich weiß, Du gehst da draußen jede Nacht
Mit scheuem Schritt im schlechten Dirnenputz
Und gehst nach Geld, und siehst so elend aus!
An Deinen Schuhen klebt der Schmutz,
Der Wind spielt frech mit Deiner Haare Pracht —
Du gehst und gehst, und findst nicht mehr nach Haus.
Die ganze Straße war in Ruh
Und nur Dein Fenster war noch rot,
In Deinem Zimmer warst nur Du,
Du und der Tod.
Die Nacht war wolkenschwarz und trieb
Verdorrte Blätter träg in Reihn.
Sie sprach zu mir: Ich hab Dich lieb,
Laß mich herein.
Dein Licht erlosch; ich war allein.
Da ward mein Fenster aufgemacht,
Und lange saßen wir zu zwein,
Ich und die Nacht.
Jetzt kannst du’s nimmer hören,
Wenn ich mit leisem Strich
Den Bogen an die Saiten leg’
Und rufe Dich.
Jetzt kannst Du’s nimmer sehen,
Wenn spät nach Mitternacht
Mein Ämplein noch bei Blatt und Stift
Im Erker wacht.
Und kannst die schönen, weißen
Theerosen, die im Garten steh’n
Und die ich noch für Dich gepflanzt,
Auch nimmer seh’n.
Und doch, wenn meine Geige
Allein noch wach im Hause ist,
Verspür’ ich’s oft, daß Du, mein Lieb,
Mir nahe bist.
Herbstabende erinnern mich an Dich —
Die Wälder liegen schwarz, der Tag verblich
Am Hügelrand in roten Gloriolen.
In einem nahen Hofe weint ein Kind;
Mit späten Schritten geht durch’s Holz der Wind,
Die letzten Blätter einzuholen.
Dann steigt, des trüben Anblicks lang gewohnt,
Einsam empor der ernste Sichelmond
Mit halbem Licht aus unbekannten Ländern.
Er wandelt kühl gleichgültig seinen Weg,
Sein Licht umgiebt Wald, Röhricht, Teich und Steg
Mit melancholisch blassen Rändern.
Auch Winters, wenn die Nächte lichtlos sind
Und Flockenspiel und ungestümer Wind
Um’s Fenster geht, glaub’ ich Dich oft zu schauen.
Der Flügel tönt, mit lächelnder Gewalt
Spricht mir an’s Herz Dein tiefer, dunkler Alt,
Grausamste aller schönen Frauen.
Dann greift zur Lampe manchmal meine Hand.
Ihr mildes Licht fällt auf die breite Wand,
Dein dunkles Bild schaut aus dem alten Rahmen
Und kennt mich wohl und lächelt sonderbar.
Ich aber küsse Hände Dir und Haar
Und nenne flüsternd Deinen Namen.
Ich hatte eine seltne Violine
Mit wunderbar gebräunten, blanken, starken
Wänden und lichten,
Echten, uralten Sargen.
Nur schräg im Boden, sichtbar keinem Laien,
Zog sich ein Riß und gab den edlen Tönen
Ein seltsam hartes,
Verwundetes, krankes Stöhnen.
Kräh’n können auch die Raben.
Wer klingen will,
Wer Lieder singen will,
Darf keine Risse haben.
Auf weißen Säulen weiße Büsten,
In allen Wegen Fliederduft,
Und Schwalben schwirrend in der Luft.
Auf breiten Treppen schläft die Zeit,
Von den Akazien überschneit,
Die sich auf den Terassen brüsten.
In meine Nische eng geschmiegt
Hör’ ich den Fall der Aprikosen,
Ich seh im Sande sich die großen
Schatten der Säulen träg verschieben
Und weiß nicht, wo die Zeit geblieben,
Die träumend mir im Sinne liegt.
Vom fernen Dorf kommt liebesmüde
Herüber ein verwehter Tanz,
Und vor mir flirrt der Sonnenglanz
Wie damals, in verträumter Pracht,
Am Tag vor unsrer ersten Nacht,
Zur Zeit der Oleanderblüte.
Ich seh’ Dein Bild in aller Pracht
Der ersten Liebe auferstehen,
Ich seh’ Dich durch die Pforte gehen
Wie damals, — mit dem scheuen Bangen,
Mit rot und weißen Kinderwangen, —
Am Tag vor unsrer ersten Nacht.
Ein müdes Plaudern der Fontänen
Wird tönend in der Stille laut,
— Wie damals! Meine Seele baut
An Träumen jener Nächte fort
Und sehnt nach einem Liebeswort
Sich müd, und sehnt sich müd nach Thränen.
Das ist die tiefste Lebenslist:
Den Ort auf jedem Wege wissen,
Wo seine Sphinx verborgen ist.
Ich fand im Leben keinen Tag,
In dessen Tiefe grinsend nicht
Das zwiegestalte Scheusal lag.
Ich bin ihr oft vorbeigegangen
Und sah den grünen Hungerblick
An meinen Schritten gierig hangen.
Ich schritt vorbei und grüßte sie
Mit freundlich bösen Kenneraugen:
Noch immer munter, gutes Vieh?
Sie kennt nun lang schon mein Gesicht
Und folgt mir mit mürrischen Tigerblicken,
Aber die Krallen zeigt sie nicht.
Auf einer Reise, heiß und matt,
Saß ich im überfüllten Wagen,
Ein altes, breites Zeitungsblatt
In beiden Händen aufgeschlagen.
Der Zug hielt an. Ich schaute auch
Wie andre müßig durch die Scheiben,
Sah Hüte, Schleier, halb im Rauch
Mir fensterlang vorübertreiben.
Da bog aus dunklem Seidenflor
Mit feiner Stirn und blonden Haaren
Ein schöner Frauenkopf sich vor,
Den ich gesucht seit vielen Jahren.
Ich schrak empor, und meine Hand
Fuhr zitternd nach dem Fensterrahmen,
Da hört’ ich im Gewühl genannt
Mit lauter Stimme ihren Namen.
Ich sah nun, den ich lang gehaßt,
Mit kühlem Gruße zu ihr treten,
Am Arm die leichte Reiselast
Und hört’ ihn leise mit ihr reden.
Sie gingen weg. Der Pfiff erklang,
Ich sank zurück; ein schwerer, trüber,
Schmerzhafter Dunst in’s Aug’ mir drang,
Und draußen flog die Stadt vorüber.
Die Lichter sind erloschen,
Die Nacht tritt in das Haus;
Die hellen Taggespenster
Erblassen und ziehen aus.
Vorüber ist der Becher,
Der mir Vergessen bot;
Mein Haupt ist grau, und alle,
Die ich geliebt, sind tot.
Ich hülle mich in den Purpur
Und schaue über mein Reich.
Verschneit sind Straßen und Gärten,
Der Himmel ist fahl und bleich.
Mein Haupt ist grau und schüttelt
Sein Silber in den Wind.
Ein Wächter wacht und ruft Stunden,
Die tot und vorüber sind.
Das ist ein Denken wunderbar,
Daß dann mein Aug’, so licht es war,
Erlischt, und daß mein Mund vergißt
Die tausend Küsse, die er geküßt.
Dann wird die Welt, die mich gekannt,
Mit ihrer neugierfrechen Hand
Die Hülle von meinem Leben reißen,
Wird einer dem andern klar beweisen,
Daß ich ein schlimmer Geselle war,
Ein Dichter, ein Lügner, ein eitler Narr.
Und übermorgen, wenn ich vergessen,
Wird ein andrer mit gleichem Maß gemessen.
Derweil in einer andern Welt
Ein goldner Stern vom Himmel fällt,
Und geht ein Klagen und Weinen
Um ihn, um den Einen,
Den goldenen Stern, der so früh verblich.
Und der Stern war ich.
Auch mein Mädel wird weinen.
Dann kommen die Andern singend in’s Haus
Und reden’s ihr aus.
Sie sitzen zusammen beim Glase Wein
Und lachen mein.
Und ihre Lippen sind warm und rot.
Morgen bin ich tot.
Blätterfall und rauher Wind
Stieben meinem Schritt entgegen,
Und ich weiß nicht, armes Kind,
Wo wir heut uns schlafen legen.
Du auch wirst einmal im Wind
Laufen müd und voll Beschwerde,
Und ich weiß nicht, armes Kind,
Ob ich dann noch leben werde.
Der müde Sommer senkt das Haupt
Und schaut sein falbes Bild im See.
Ich wandle müde und bestaubt
Im Schatten der Allee.
Durch Pappeln geht ein zager Wind.
Der Himmel hinter mir ist rot,
Und vor mir Abendängste sind
— Und Dämmerung — und Tod.
Ich wandle müde und bestaubt,
Und hinter mir bleibt zögernd steh’n
Die Jugend, neigt das schöne Haupt
Und will nicht fürder mit mir geh’n.
Nein, Junge, suche Du allein
Den Weg und laß mich weiter gehen!
Mein Weg ist weit und mühevoll
Und führt durch Dornen, Nacht und Wehen.
Geh lieber mit den Andern dort!
Der Weg ist glatt und viel betreten
Ich will in meiner Einsamkeit
Auch fürder einsam sein und beten.
Und siehst Du mich auf Bergen steh’n,
Beneid’ mich nicht um meine Flügel!
Du wähnst mich hoch und himmelnah —
Ich seh’, der Berg war nur ein Hügel.
Mein Heimweh und meine Liebe
Ist heut in dieser heißen Nacht
Süß wie ein Duft von fremden Blumen
Zu heißem Leben aufgewacht.
Mein Heimweh und meine Liebe
Und all mein Glück und Mißgeschick
Steht wie ein stummes Lied geschrieben
In Deinem dunklen Märchenblick.
Mein Heimweh und meine Liebe,
Der Welt und allen Lärm entfloh’n,
Hat sich in Deinen dunklen Augen
Erbaut einen heimlichen Königsthron.
Auf schlanken Rößlein reiten,
Den Degen an der Seiten,
In mitten der Allee,
Das wär’ für mich ein köstlich Metier.
Und Handschuh flämischledern
Und einen Büschel Federn
An meinen Hut gesteckt,
Darnach das Frauensvolk die Hälse reckt.
Im Sattel voltigieren,
Paradelang charmieren
Mit Damen fein und schmal,
Und „Küß die Hand“ beim Abschied am Portal.
Mit einer schönen Frauen
Und nicken einen Gruß,
Wenn der Soldat uns salutieren muß.
Ich würd’ ein Trinkgeld geben
Den Fegern in den Gräben
Und dächte mir dabei,
Wie übel dran doch so ein Feger sei.
Wenn alle Nachbarn schlafen gangen
Und alle Fenster dunkel sind,
Bin ich noch wach mit heißen Wangen,
Das heimatlose Königskind.
Dann schmück’ ich mich mit Purpurträumen,
Mit Gürtel, Krone und Geschmeid,
Dann rauscht mit goldverbrämten Säumen
Um meine Knie’ das Königskleid.
Und meine Seele reckt sich mächtig
In Lust und Sehnsucht, stark und bleich,
Und schafft sich stumm und mitternächtig
Ein mondbeglänztes Heimwehreich.
Tritt ein, mein Gast! Ich bin allein
Wie jedesmal, und bin bedürftig Dein.
— Du?! Du, Elise? — Grüß Dich, Kind!
Wie lang, daß wir zur Plauderzeit
Nicht mehr beisammen gewesen sind!
Weißt Du, weißt Du noch, Elise?
Verglimmend hing die Sonne noch am Wald,
Kein Mensch auf der Wiese!
Ein Birnbaum breit und wohlgestalt
Verbarg dem Himmel unsre Lust. Nur fern
Vom Berge klomm empor ein früher Stern
Ein naseweiser Abendwind
Verstohlen aus der Hecke kroch
Und lachte, lachte wie ein Kind.
Weißt Du noch?
Ja, das war eine Flitterzeit,
Alle Welt in Rosen!
Du warst so lieb,
Und kamst zur Nacht- und Tageszeit
Über mich mit Kuß und Kosen,
Hinterrücks wie ein Dieb
— Du warst so lieb!
Und nun, mein Blondchen, sag!
An jenem heißen Sommertag
— Ich suchte Dich mit wildem Sinn
Und lauschte lang und rief nach Dir —
Wo warst Du hin?
Nun sitzest Du wie sonst bei mir
Und machst das Herz mir weich
Und liederreich,
Und siehst mich an und schmeichelst mir
Wie damals unterm Birnenbaum . . .
War das auch nur — ein Traum?
Der Wind ruht in den Ästen
Und schaukelt sich müde nur,
Es klingt wie von fernen Festen
Eines Liedes schwindende Spur.
Mein Glück ist schlafen gangen
Und lachet nur halb im Traum
Mit schönen, schmalen Wangen
Und schönen Lippen kaum.
Meine Liebe legt sich nieder
In meines Liedes Schoß
Und dehnt ihre feinen Glieder
Und machet die Augen groß.
Der Verse leichte Zügel
Fallen mir aus der Hand,
Mein Lied lenkt seine Flügel
In ein grünes Schlummerland.
Eine rote Sonne liegt
In des Teiches tiefen Fluten,
Ein verirrter Falter fliegt
Über Schilf und Weidenruten.
Alles, was mein Herz verlor,
Jugendmut und Kinderfrieden,
Schlummert hier im gelben Rohr
Einsam, stumm, weltabgeschieden.
Wie ein breites Abendrot
Liegt mein Leben und mein Leiden,
Ruhig wie ein dunkles Boot
Meine Träume drüber gleiten.
Über meinen wilden Sinn
Ist ein Frieden ausgegossen;
Was ich war und was ich bin,
Ist in einen Traum zerflossen.
Komm mit!
Mußt Dich aber eilen —
Sieben lange Meilen
Mach’ ich mit jedem Schritt.
Hinter Wald und Hügel
Steht mein rotes Roß.
Komm mit! Ich fasse die Zügel —
Komm mit in mein rotes Schloß.
Dort wachsen blaue Bäume
Mit goldenen Äpfeln dran,
Dort träumen wir silberne Träume,
Die kein Mensch sonst träumen kann.
Dort schlummern selt’ne Genüsse,
Die noch kein Mensch genoß,
Unter Lorbeern purpurne Küsse —
— Komm mit über Wald und Hügel!
Halt fest! Ich fasse die Zügel,
Und zitternd entführt Dich mein rotes Roß.
Verglimmende Fackelbrände
Vermooste Stufen und Wände —
Mein Traum ging schauernd durch’s Haus,
Und streckte die ängstlichen Hände
Empor und löschte die Fackeln aus.
In’s Haar den welken Kranz
Gedrückt und noch im Aug’ den Glanz
Gefeierter Feste, stand ich schmal
Mit herbem Mund und müd vom Tanz
Allein und wie ein Geist im Saal.
Der Traum schritt mir vorüber,
Er war so blaß wie ich, —
Ich hörte wohl, wie sein trüber
Gang durch die Halle schlich.
Und ich fürchtete mich.
Da stand der Traum und bog die Hand
Nach mir. Die Hand war kalt und schwer.
Und da er meine Rechte fand
Erklang er schrill, und schrak, und schwand,
Und war nicht mehr.
Die Halle scholl. In meinem Haar
War noch der Kranz,
In meinem Auge war
Von gefeierten Festen ein Flackerglanz.
Ich fürchtete mich — es war so nacht!
Da ward von Händen muttersacht
Des Schlummers Pforte aufgemacht.
Es war so warm. — Die Ampel hing
An der Decke meiner Mansarde.
Du lasest aus einem Buche vor.
Ich war so krank. — Ein Schmetterling
Flog immer wieder zur Ampel empor.
Es träumte mein Ohr und mein Auge starrte.
Es träumte mein Ohr den silbernen Laut
Italienischer Terzinen.
Mein Auge träumte: Es lehnt meine Braut
Am Geländer, von Sonne beschienen,
Und liest vita nuova mir vor.
Die Ampel ging aus. Der Schmetterling
Stieß surrend an die Gardinen.
Mein Auge an Deinem Antlitz hing.
Du warst vom Monde beschienen
Und warst so bleich. Deine Rechte sank
Vom Simse zitternd. In Deinen Mienen
Lag unser Leid. Mir drang an’s Ohr
Dein Stöhnen. Ich raffte mich halb empor,
Und konnte nicht helfen. — Ich war so krank.
Dante.
Wendet die Blicke, Fragende, wendet
Von mir das Haupt!
Wo das Leben in lichte Geheimnisse endet,
Dahin zu treten,
Dort anzubeten
Ward mir vom Liebesgotte erlaubt.
Wendet den Blick!
Suchend tastet mein Herz
Den verlorenen Pfaden nach.
Wem aller Sinne Brücke zerbrach,
Dem führet in’s Leben niederwärts,
Kein Weg zurück.
Frau Gertrud mir am Bette stand,
Eine helle Theerose in der Hand,
Eine helle Theerose im braunen Haar.
Ihre Stimme wie ein Lächeln war
Und floß so weh und wankte so —
Sie sang ihr altes Long ago!
„Fern steht Dein graues Schloß am Meer,
„Wie kamest Du nach Deutschland her?
„Wie lang doch ist’s, daß Deinen Sarg
„In lauter Theerosen ich verbarg,
„Und daß ich Dich vergessen hab’!
„Wie kamst Du her aus Deinem Grab?“
Ich reicht’ ihr fragend meine Hand
Und lächelte, und griff — die Wand,
Dran weiß ein Flecken Mondes stund’ . . .
— Fernher kam zart und liebeswund
Ein schlanker, kranker Geigenstrich,
Der schluchzend in der Nacht verblich.
Und floß so weh und wankte so —
— Long, long ago!
Der Himmel gewittert,
Im Garten steht
Eine Linde und zittert.
Es ist schon spät.
Ein Wetterleuchten
Beschaut sich bleich
Mit großen, feuchten
Augen im Teich.
Auf schwanken Stengeln
Die Blumen steh’n,
Hören Sensendengeln
Herüberweh’n.
Der Himmel gewittert,
Schwül geht ein Hauch.
Mein Mädel zittert —
„Sag, spürst Du’s auch?“
Auf dem Tisch ein kleiner Strauß
Von Levkoyen und Reseden
Lockt mein Sinnen weit hinaus
Aus der Stadt nach fernen Beeten.
Beeten, die voll Veilchen sind,
Von Syringen überhangen;
Und ein blondes Nachbarkind
Kommt den Zaun entlang gegangen.
Nahe ist ein Brunnen laut,
Tief in seinen Mauern schäumend,
Und ein Flug im Bienenkraut.
Sonst ist alles stumm und träumend.
Aller Friede, der mir fehlt,
Den ich zwischen Städtemauern
Früh verlor im Kampf um’s Geld,
Schlummert dort und macht mich trauern.
Meine Lieder stehen
Vor Deiner Thür,
Sie klopfen an und bücken sich:
Öffnest Du mir?
Meine Lieder haben
Einen seidenen Klang,
Dem Rauschen Deines Kleides gleich
Im Treppengang.
Meine Lieder kleidet
Ein schweres Rot,
Das Deinem seid’nen Kleide gleich
Knistert und loht.
Meine schönsten Lieder
Gleichen ganz Dir.
Sie steh’n an der Pforte und bücken sich:
Öffnest Du mir?
Ein Lieblingstraum, aus goldnen Nächten
Vortretend, schlank, in ernster Ruh’,
Den Zauberschleier in der Rechten —
So schön bist Du!
Mein Blick erstaunt und muß sich senken,
Mein Herz schließt alle Thore zu,
Dem Wunder heimlich nachzudenken —
So schön bist Du!
So ziehen Sterne ihre Bahn,
Unwandelbar und unverstanden!
Wir winden uns in hundert Banden,
Du steigst von Glanz zu Glanz hinan.
Dein Leben ist ein einzig Licht!
Ich muß aus meinen Dunkelheiten
Sehnsüchtige Arme nach Dir breiten,
Du lächelst und verstehst mich nicht.
Der Meister schwieg und that die Geige aus der Hand.
Uns schlug das Herz! Du aber mußtest
Die Hand ihm geben. Ob Du wußtest,
Daß Ihr Glückskinder seid aus Einem Vaterland?
Ich fragte Dich, warum Dein Auge gern
In meinem Auge ruht,
So wie ein reiner Himmelsstern
In einer dunklen Flut.
Du sahest lang mich an,
Wie man ein Kind mit Blicken mißt,
Und sagtest freundlich dann:
Ich bin Dir gut, weil Du so traurig bist.
Wenn doch mein Leben fürder geht
Und manchmal noch aus reichen Ranken
Ein reifes Lied mir niederweht,
Ich hab’s auch Dir zu danken.
Du weißt es nicht, denn ich begrub
Dein Bild in meiner Nächte Schweigen.
Und was mein Lied zu Tage hub,
War schon zuvor Dein eigen.
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